Mit Tüll, mit Spitze, mit Glitzer, gerne auch Organza oder sogar Seide und immer mit Glamour und auf jeden Fall nur für uns. Ein besonderer Tag. Ein besonderes Kleid. Ein besonderer Moment.
Brautkleid
Ich habe mein Brautkleid gefunden!!! Wer hätte es gedacht. Nix sonst ist zur Hochzeit organisiert, aber ein Brautkleid habe ich schon. Da lese ich in den Hochzeitsmagazinen, was ich alles schon 12 oder sogar acht Monate vor der Hochzeit organisieren muss. Ach nee, sowas brauche ich nicht. Ich habe mein Kleid und der Rest wird sich schon finden. Das mit dem Kleid ist auch so eine Sache. Man sucht und findet nichts. Oder eher gesagt: man traut sich nicht.
Die Vorstellung vom Hochzeitskleid
Die aktuelle Ausgabe der Elle Hochzeit liegt vor mir und da lese ich doch über die Möglichkeiten des Brautkleides. Softe Silhouetten, verspielte Volants, avantgardistische Asymmetrien, zarte Seide und sanfte Rüschen. Nee, alles nix für mich. Ich hatte ja dieses eine Traumkleid. Von Kaviar Gauche. Und hatte da auch schon einen Termin abgemacht für die Woche in der ich in Berlin war. Aber nix da. Es ist nun keins von Kaviar geworden. Das angehimmelte sollte ja auch knapp 3‘000 Euro kosten. Schön ist es allemal und die coole Anna hatte es auch an. Aber nicht für mich.

Ich ging also an einem Samstag in den Brautmodenladen in Frankfurt. Ein Secondhand Brautmodenladen. Für mich und meinen Verlobten schon mal ein gutes Omen, sind wir doch beide verkappte Ökos und glauben an die Nachhaltigkeit, die wir nicht nur leben wollen, sondern auch unserem Sohn mitgeben möchten. Wendy ist die Shop Besitzerin im Brautkleid bleibt Brautkleid. Nein, das ist kein Zungenbrecher – könnte aber einer werden – so heißt lediglich ihr Geschäft in der Altstadt Frankfurts. Denn das richtige Hochzeitskleid zu finden, dass meinen Erwartungen entspricht, brauchte etwas Vorlauf.
Als ich reinkam waren grad zwei Mädels mit dem Kleid beschäftigt. Wie sich später herausstellte, waren sie nur noch auf der Suche nach einem Jäckchen. Wendy begrüßte mich und zeigte mir gleich einen Stapel mit schwarzen Karteikarten auf denen unterschiedliche Modelle der Kleider abgebildet waren. Such Dir doch mal raus, was Dir so gefällt. Es ging also um die Schnitte und auch um die Modelle, um die Details nicht ganz so, denn der Bilder waren im Hintergrund der neutral.
So schaute ich mir die Karten an. Knapp 30 Karten würde ich schätzen waren es und prompt zog ich eins, zwei, drei die Karten raus, die die für mich passendsten Kleider hatten. Aber Moment mal, ging es mir durch den Kopf. Die sehen alle schön aus. Wieso denn nur, naja, ein Model trägt sie auch. Und jedes Model kann alles tragen. Mh, nochmal von vorne. Irgendwie gefiel mir gar nichts mehr. Denn ich fand die Bilder und auch die Kleider schön, aber woher sollte ich wissen, wie das wohl an mir aussehen würde. Damals vor knapp 16 Jahren war ich in den USA im Austauschjahr und passend zur Prom musste natürlich auch ein Kleid her. Und schon damals fiel mir auf, dass so ein „Bombenkleid“ oder eher „Bonbonkleid“ nichts für mich ist. Das steht mir einfach nicht. Ich bin nicht besonders groß oder klein. Fühle mich auch nicht dick, sondern gut. Aber in so einem „Bombenkleid“ sehe sogar ich klein und dick aus. Wie genau ich mir auch mein Hochzeitskleid vorgestellt hatte – an mir selbst hatte ich es mir irgendwie nie vorstellt.

Ich wusste also, was ich nicht will. Und da die Aufregung schon nach dem ersten Kaffee am Morgen vorherrschte, bat ich meinen Liebsten mit dem Junior nochmal schnell mitzukommen. Ich glaube da nicht so an ein schlechtes Omen, wenn der Mann das Kleid vor der Hochzeit sieht. Ich will ja nicht nur mir, sondern auch ihm gefallen. Und dann kann er auch mal gucken. Kaum waren die beiden im Laden, kam die Aufregung wieder hoch. Oh Gott, was ist denn los mit mir – es geht doch nur um ein blödes Kleid. Nee, blöd ist es nicht, aber meine Güte. Keine Ahnung. Die Aufregung eben.
Dann hatte Wendy zufälligerweise ein ähnliches Kleid, wie das von Kaviar Gauche, bei sich. Mit vielen Volants und oben ganz einfach. Ich zog es an und schaute an mir herunter. Nee, sieht ja krass aus. Nun gut, schauen wir mal im Spiegel nach. Da saß mein Verlobter und Junior räumte grad mal alle Karten ab. Beide schauten verwirrt, was ich da trug. Klar, ein großes, weißes Kleid trägt man ja auch nicht jeden Tag. Aber als ich mich im Spiegel sah, dachte ich nur ‚was macht das Kleid mit der Frau da?‘. Naja, es stand mir nicht und mein Liebster meinte nur „Aha“. Naja, da weiß man dann auch was das heißt. Die beiden gingen dann auf den Spielplatz und ich suchte weiter mit Wendy. Es wurde figurnäher und vor allem verschwand die Spitze immer mehr. Träger fand ich auch blöd. Und irgendwie wurde es immer mehr Funkeln und Glitzern.

Da war es dann also. Ich stand vor dem Spiegel, schaute an mir herunter und egal wo ich hinsah – ich fand mich megaschön. Ganz traumhaft schön. Viele Details und ein einfacher Schnitt. „Es sollte ganz schlicht sein“ hörte ich mich noch sagen und Wendy lachte nur. Denn schlicht ist dieses Kleid nicht. Der Schnitt vielleicht schon, aber der Rest ist wirklich detailverliebt und sehr verzaubernd. Und Wendy meinte nur „Du stehst halt auf Glitzer – viel Glitzer“…
Mein Learning: Bilder von schönen Kleidern sind schön. Aber ich muss es einfach mal anprobieren, dann weiß ich was mir steht. Ich bin auch immer noch froh, dass ich alleine gegangen bin. Ja, ich war zwar aufgeregt und kurz auch happy als meine beiden Liebsten da waren, aber ich fand es entspannender und entspannter allein zu sein. Als ich dann ging, kamen gleich fünf Mädels rein. So richtig, wie in jedem Ami-Film. Gekreische und vorfreudiges Juchzen. Alle redeten, was ihnen so gefällt und nur eine war ganz ruhig. Die zukünftige Braut. Nein, so etwas möchte ich nicht. Man ist doch selbst schon so verunsichert und dann noch mit anderen, auch wenn es die besten Freundinnen sind. Man selbst bleibt sich einfach am nächsten.