Nachhaltigkeit neu gedacht? Es ist bereits eine Woche her, dass ich auf der Innatex in Frankfurt war. Die Messe für nachhaltige Textilien hat bereits zum 47. Mal stattgefunden. Zwei Mal im Jahr gibt es somit Neuigkeiten, Trends und alles rund um das Thema nachhaltige Textilien zu sehen und bestaunen. Diesmal war es die erste Messe in Zeiten von Corona und ganz klar war abzusehen, dass viele internationale Textilien nicht anwesend sein werden.
Lediglich eine Marke aus Italien, eine aus Spanien und sogar aus England war anwesend. Aufgrund der erhöhten Hygienemassnahmen und den damit verbundenen Anstandsregeln waren die einzelnen Stände der Aussteller auch mit mehr Platz bedacht und vor allem darauf fokussiert, dass sich nicht zu viele Besucher in einem Stand aufhalten. Die ganze Messer wurde auf eine Halle, auf zwei Etagen limitiert und es galt ein Einbahnstrassensystem einzuhalten, um die Abstände besser wahren zu können. Vorab gab es eine Registrierungsmöglichkeit, die dafür sorgte, dass nicht zu viele Teilnehmer gleichzeitig auf der Messe anwesend waren.
Für mich persönlich war die Organisation sehr gut durchdacht und der Eintritt mittels Wärmebildkamera und Registrierung der Personendaten war sehr gut zu absolvieren. Auf dem ganzen Gelände herrschte Maskenpflicht und es gab sogar einen zusätzlichen Mund-Nasen-Schutz am Eingang für alle, die sich direkt mit der schwarzen Maske der Innatex kleiden wollten.

Aktuelle Erkenntnisse aus der Corona Krise
Klares Thema Nummer eins: was bringt die Corona Krise für Möglichkeiten und Optionen für die Textilbranche und die jeweiligen Aussteller. Generell – dies muss ich bereits vorab erwähnen – fand ich diese Einstellung am wichtigsten und somit erwähnenswertesten: die Corona Krise wurde als eine Möglichkeit neue Wege einzuschlagen gesehen und bietet für viele Marken eine Chance ihren Bekanntheitsgrad weiter auszuweiten.
Mund-Nasen-Schutz, Masken, Gesichtsverkleidung – egal wie man es nennen möchte: für die Textilbranche wurden offene Türen eingerannt und wirklich jede Marke hatte ihren eigenen Masken auf den Markt gebracht und so gleichzeitig mindestens eine Produktneuheit auf den Markt gebracht, obwohl es zeitweise auch Ladenschließungen gab. Mit den Masken wurde bei einigen Firmen auch die Kundenbindung aufrecht erhalten und vor allem im April und Mai viel mehr auf das Thema Gemeinschaft gesetzt.
Sinn und Unsinn von Textilrecycling
Neben vielen spannenden Unterhaltungen einerseits zu Produktneuheiten, als auch der aktuellen Lage, stand ganz klar wieder das Thema Recycling im Vordergrund. Welche Vorteile und Nachteile Recycling mit sich bringt, kann man sicherlich nicht differenzieren, denn es hängt von der Sichtweise ab, die ein Unternehmen diesbezüglich auf das Thema Nachhaltigkeit hat.
Viel mehr wurde diesmal daher darüber diskutiert, was der Sinn oder eher der Unsinn von Textilrecycling für die Textilbranche bedeutet. In den letzten Jahren waren diverse Vorträge und die Modenschau als Teil der Innatex oft noch eine gute Möglichkeit, um sich auszutauschen und neues Wissen zu erarbeiten. Da die Corona-Regelungen dies jedoch nicht zuließen, konnte ich so viele dieser Gespräche mit den Ausstellern an den Ständen führen.
Unterschiede im Textilrecycling
Bei der Weiterverwendung geht es um das typische Tragen eines Kleidungsstückes – einfach zu einem anderen Zweck. Zum Beispiel trage ich alte T-Shirts von mir als Schlafshirts.
Wiederverwertung ist ein Begriff, der für ein echtes Recycling steht. Hierbei wird ein Kleidungsstück in einer Reisserei zu Fasern zerrissen. Aus den Fasern können dann im Nachgang neue Garne hergestellt werden – so kann ein neues Kleidungsstück entstehen.
Weiterverwertung (auch bekannt als Downcycling-Prozess) steht für den Begriff ein Kleidungsstück zu einem anderen Zweck zu benutzen – so werden die Textilien auch in der Reisserei zu Fasern zerrissen, kommen dann anders wieder zum Einsatz: zum Beispiel als Malervlies, Dämmplatten, etc. Der große Unterschied zu den vorher genannten Recyclingmöglichkeiten ist, dass bei der Weiterverwertung die Produkte nicht weiter im Stoffkreislauf bleiben. So werden die Stoffe, nach dem sie gedient haben, meist verbrannt – dies bezeichnet man in der Textilindustrie als thermische Verwertung oder thermisches Recycling.

Ausblick für die nachhaltige Textilindustrie
Als Ausblick und somit auch als mögliche Vorschau auf die nächste Innatex im Januar 2021 sind sich die meisten Aussteller sicher gewesen, dass das Thema Nachhaltigkeit noch mehr Fahrt aufnehmen wird. Dies wird auch durch die guten Zahlen aus 2019 der GOTS Jahresanalyse gefestigt.
Neben den aktuellen Entwicklungen und auch den Möglichkeiten der FastFashion Hersteller auf Nachhaltigkeit als Kaufreiz zu setzen, stellt sich immer mehr die Frage, wie die Zukunft des Recyclings aussehen wird. Textilrecycling ist aktuell nur unter hohen Energieaufwänden und nicht immer im Sinne der Kreislaufwirtschaft möglich. Daher bleiben oft die Chemiefasern auf der Strecke, das sie den äußeren Einflüssen zu sehr ausgesetzt sind. Generell gelten Naturfasern als immer attraktiver und können, wenn sie ohne mit Chemiefasern gemischt worden zu sein ein Kleidungsstück zu einem wahren Weiterleben verhelfen. Hierbei steht der Fokus auf dem Thema Weiterverwendung und Wiederverwertung. Alternativ – und das ist eigentlich kein neues Ding – sollte der Konsum generell hinterfragt werden. Modelle, wie einige Fast Fashion Marken mit dem Abgeben alter Kleidung und den damit verbundenen Rabatten/Vergünstigungen, können wirklich zukunftsfähig sein. Textilrecycling funktioniert nämlich einzigartig, wenn das Bekleidung aus einem einzigen Fasermaterial hergestellt wird. Vielleicht lohnt sich auch der Gedanke an ganz früher: Thema tauschen und somit alte Kleidung abgeben, bevor man sich etwas Neues kaufen kann.
2021 wird auch generell für die Textilindustrie und die Modebranche in Deutschland eine Neuerung bringen, da die Fashion Week Berlin mit den Messen Premium, Seek und Neonyt ab Sommer 2021 in Frankfurt am Main stattfinden wird. Diese Neuerung kam sicher im Januar diesen Jahres unerwartet, generell lässt sich der Ortswechsel jedoch auch auf die internationale Anbindung Frankfurts zurückführen.