Vor einem Jahr suchten wir noch verzweifelt nach Kindern. Kinder sind anscheinend Mangelware hier bei uns in der Region.
Wir wollten doch nur spielen. Auf Spielplätzen, in Eltern-Kind-Cafés oder einfach so auf der Straße. Wo waren die Kinder? In meinem Artikel zum Thema „Kinder brauchen Kinder“ habe ich schon angesprochen, dass ich wirklich stark dahinter bin, dass unser Sohn immer Kinder um sich haben darf.
Wir Eltern sind natürlich auch für ihn da, aber ab einem bestimmten Punkt braucht man Kinder.
Als Kind braucht man andere Kinder – das ist ein Fakt.
Ich pauschalisiere und muss wirklich feststellen, dass es hier – hier in Deutschland – anscheinend so ist, dass viele Mamas zwar in den ersten Monaten mit den Kindern zu Hause sind, aber auch einfach nur zu Hause sind. So werden diese Kinder doch zu Einzelgängern?
Für die Kindererziehung braucht man ein ganzes Dorf
Diese Aussage kennen vielleicht nicht mehr viele. Denn was diese Aussage anspricht, ist das Thema „Abwechslung“ und andere Betreuungspersonen. Ja, Fremdbetreuung soll nicht Thema dieses Blogartikels werden. Ich möchte mich lieber dem Thema der Krippe, also der Betreuung für Kinder unter drei Jahren, widmen.
Vorher muss ich es aber nochmal sagen: ich bin nach knapp 12 Monaten vorsichtig geworden, wenn ich sage „ich war mit meinem Sohn fast zwei Jahre zu Hause“. Wenn ich das in Deutschland sage, dann kommt sofort ein Bild im Gegenüber im Kopf auf. Das Kind den ganzen Tag nur mit der Mutter zu Hause…
Nein, so ist es aber nicht. So war es auch nicht. Daher versuche ich es anders zu erklären. Und wenn ich dann höre, was andere mit ihren Kleinkindern und Babies machen, frage ich mich, wieso dieser kleine Mensch so sehr in Isolation aufwachsen muss. Ich bin klar eine Vertreterin davon, dass die Kinder nicht so schnell in Fremdbetreuung kommen sollen, aber ich glaube auch, dass andere Kinder wichtig sind. Klar, liegen sie anfangs nur rum und wenn sie krabbeln dann doch eher nebeneinander und spielen tun sie noch nicht miteinander. Aber immer die Glucken. Das finde ich schlimm. Dazu ein anderes Mal mehr.
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß
Seit Junior nun in der Krippe ist, habe ich oft gedacht „oh, was er wohl macht“, „was er wohl alles schon kann“. Aber ich wusste, dass es ihm gut tun würde mit den anderen Kindern zu sein – ohne Mama. Ja, denn die Kinder hat er immer geliebt, aber wir haben sie ja zusammen nicht gefunden. Bei uns im Haus sind auch alle Kinder schon recht früh abgegeben worden.
Was in diesem einem Jahr so passiert ist, erfreut mich und macht mich melancholisch zugleich. Unser „Kleiner“ wird groß.
Doch es passieren sicher auch Dinge, die ich so nicht mitbekomme: die ersten Rangeleien, kleine Heulattacken und Mama ist nicht da. Wir hatten zum Glück nie das Problem, dass es eine Art Trennungsangst gab. Schon beim ersten Info-Termin, in dem ich eigentlich nur mal schauen wollte, was uns in der Krippe erwarten würde und mir die Krippe vorgestellt wurde, war Junior sofort hin und weg. Ich hatte ein knapp 45-minütiges Gespräch mit der Krippenleiterin und Junior war draußen in der Gruppe spielen. Die Leiterin fragt irgendwann „wo ist eigentlich ihr Kind?“ und ich sagte nur „er spielt draußen mit den anderen Kindern“.
Da war klar: die Eingewöhnung würde nicht so lange dauern. Ich hatte nämlich schon die Befürchtung, dass wir die Eingewöhnung so gestalten müssten, wie die Krippe das wollte. Eine Woche lang nur eine Stunde in der Krippe und dann erst in der zweiten Woche länger – nö, darauf hatte ich keine Lust. Das wär auch nichts für Junior. Das fand ich zu bürokratisch.
Aber so war es ja dann auch nicht, denn unsere Erzieherinnen haben sich dem Tempo der Kinder angepasst. Und Junior war schon in der zweiten Woche fit auch gleich dort Mittagsschlaf zu machen.
Auf einer Skala von 1 bis 10
So hatte ich nun vor knapp zwei Wochen auch das erste „Entwicklungsgespräch“. Da durfte ich also erfahren, was die Erzieherinnen so bei Junior beobachtet hatten. Wie er sich in den unterschiedlichen Entwicklungsdimensionen gemacht hatte.
Irgendwie spannend. Es erinnerte mich auch an meinen ersten Elternabend. Das sind doch Meilensteine, an die man sich erinnert. Die sogenannten „Firsts“.
Bewertet wird mein Kind – auf einer Skala von… das kenne ich ja schon. So ist es ja schon seit der Geburt. Dauernd diese Maßstäbe, Standards und Entwicklungskurven. Das gehört dazu, das ist menschlich – vergleichen und schauen, wie sich jemand entwickelt, wie sich jemand macht. Meiner Meinung nach jedoch eher nicht konsequent genug. Am Anfang im Leben wird so viel verglichen: was können die Kinder, was machen die Kinder und wie werden diese sich so im Vergleich zu anderen aufstellen.
Doch es geht irgendwann nicht mehr so effizient weiter: die Schule, das Studium, die Arbeit – auch dort gibt es Bewertungen, aber diese lassen nach. Sozial bewertet wird nicht mehr. Wer aus dem Raster fällt wird nicht aufgefangen, zumindest nur in extremen Fällen.
Essen, Trinken, Schlafen
Die Basics sind nicht anders als erwartet bei Junior – wir haben einen aufgeweckten kleinen Sohn, der sehr sozial ist und gerne unter Kindern ist. Sprachlich entwickelt sich alles gut und Grob- und Feinmotorik ist bei ihm gleichermaßen gut ausgeprägt.
Und was ist noch passiert? Na, so viel mehr. Unser „Kleiner“ kann nun komplette Sätze sprechen, fängt an erste Kreise zu malen.
Für mich als Mama sind das Dinge, die ich auch zu Hause schon während dieses ersten Jahres in der Krippe beobachten konnte. Den Nachmittag verbringen wir ja schon noch zusammen. Und dennoch ist es eine Umstellung gewesen. Es gibt auch diese Tage an denen ich Junior wirklich vermisse. Zu Hause zu sein und zu arbeiten ist halt auch so eine Sache. Irgendwie ist es die gewohnte Umgebung. Als ich vor einigen Jahren noch in einem angestellten Verhältnis war, habe ich nie von zu Hause gearbeitet. Einfach weil ich die Arbeit nicht mit meinem Privatleben mischen wollte. Das Arbeitszimmer wäre dann meiner Meinung nach irgendwie auch am Wochenende immer ein Sinnbild meines Jobs gewesen. Jetzt blogge ich und liebe diese Art der Arbeit. Das ist eine Passion – ich fühle mich auch intrinsisch motiviert und bin daher fine damit auch von zu Hause zu arbeiten. Und doch laufe ich dann am Kinderzimmer vorbei und denke „ach, wie schön wäre es, wenn Junior nun hier bei mir wäre“. Ich habe schon einige Freitage einfach mal selbst entschieden, dass Junior zu Hause bleibt. Dann haben wir uns einen schönen Tag „wie früher“ gemacht.
Fast wie früher
Ja, so alt bin ich noch nicht und Junior ist ja noch knapp drei Jahre bei uns, dennoch war es früher immer viel intensiver. Wir haben mehr zusammen erlebt. Und Junior hat es auch einfach mehr gebraucht bei mir zu sein. Mit mir zu sein. Die Phase des Abnabelns läuft immer weiter und ich bin nun auch immer öfter in Gedanken, wie es wohl wird, wenn er dann in die Schule kommt oder auch mal auszieht. Das macht wehmütig und stolz zugleich. Die erworbene Selbstständigkeit, die Kinder an den Tag legen und jeden Tag mehr lernen, macht doch stolz, oder?
Mich macht es auf jeden Fall stolz. Ich bin stolz, wenn auch im Herzen natürlich traurig, dass er „bald“ weg sein wird.
So ist jedoch der Lauf der Dinge und ich freue mich unendlich dafür, was unser Sohn noch alles erleben darf. Denn das Leben ist schön und die Welt ein toller Platz, um viel Neues und Spannendes zu erkunden.
Wie war es für Dich und Dein Kind – das erste Jahr in der Krippe/Kita oder einfach bei der Fremdbetreuung?
Noel hat der Kiga nicht gut getan, er war plötzlich andauernd krank, Bronchitis. Bis wir herausgefunden haben, dass das Gebäude mit Asbest verseucht war.
Den Kleinen werde ich nun auch selber betreuen, bis zum letzten Kiga-Jahr. Dann schauen wir ob er möchte oder nicht.
Liebe Grüße Melanie
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Oh nein, was für eine schreckliche Erfahrung! Das tut mir sehr leid für euch.
Ich kann Dich gut verstehen, dass Du Noel nun lieber zu Hause betreust und wünsche euch einen guten Einstieg ins letzte KiGa-Jahr, wenn es so weit ist.
Haben die Behörden den Kiga denn nun schließen lassen?
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