Der Ernst des Lebens

Diesen Titel habe ich nicht einfach so gewählt, sondern weil er mich jeden Morgen begrüsst.

Nicht in Form einer Handlung oder Tatsache, sondern in Schriftform.

In unserem Kindergarten – oder besser gesagt dem Kindergarten von Junior – sind durch die neu entstandenen Leseecken auch etliche Bücher zu sehen, die dort herumliegen. Eines davon ist das Buch mit dem Titel „Der Ernst des Lebens“. Ich mache heute keine Werbung für dieses Buch und es ist auch keine Rezension – ich möchte einfach über die Assoziation sprechen, die dieses Buch in mir auslöst.

 

Lernen – vor allem Wissen anhäufen

Priorität Nummer eins heutzutage in der Kindererziehung wird immer bleiben: Kindern etwas beibringen, sie intellektuell zu fördern und fordern. Wissen reinstopfen, um es mal salopp zu sagen.

Kürzlich stand ich vor der großen Frage, ob Junior nach dem Sommer in einen anderen Kindergarten gehen soll. Es soll – angeblich – der beste Kindergarten bei uns in der Stadt sein. Ein Kindergarten, der mehr kann und mehr bietet als der jetzige. Ich weiß, dass ich hier auf dem Blog noch mindestens einen Beitrag zum Thema Kindergarten und Entwicklung schuldig bin, dennoch kam ich bisher nicht dazu. Nicht zeitlich, sondern mental.

Ich habe das Gefühl – auch während der Entscheidung mit dem Kindergartenplatz – lange wirken lassen, etliche Meinungen eingeholt (ich bin so ein Typ Mensch, der gerne andere Meinungen hört, um sich selbst eine Meinung zu bilden) und einfach nur sehr lange nachgedacht. Aber auch beobachtet und versucht zu sehen, was nicht offensichtlich ist: nämlich wie geht es Junior damit. Wie würde es ihm in einer veränderten Kindergartensituation gehen.

Dass unser Sohn immer an erster Stelle ist, ist klar. Zumindest für das Kindergartenalter, oder? Das wir seine Gefühle und seine Entwicklung an erster Stelle sehen, oder?

Also dann ab der Schulzeit nicht mehr, oder wie?

Das Thema Schule hat einen kleinen bitteren Beigeschmack bei mir – bei uns als Eltern. Mein Mann ist ja immer ganz klar der Meinung, dass er unseren Kindern einen Gedächtnistrainer an die Seite stellen möchte, der den Kindern hilft alles auswendig zu lernen. Denn so schaffen sie die Schule und können sich auf anderes konzentrieren. Denn so nimmt mein Mann auch seine Schulzeit wahr: nichts als auswendig lernen.

Ich war immer gut im auswendig lernen.

Und doch ist es so, wenn man Kinder hat, weiß man nicht sofort, aber sicher bald, dass sie als Teil dieses Systems (das soll jetzt nicht abwertend klingen) schnell untergehen können. Bewertungen sind dann an der obersten Tagesordnung. Ja, wir finden es alle doof, wenn die Kinder Schimpfwörter benutzen, blöde Namen geben undsoweiter. Aber ist das nicht auch eine Bewertung?

Julian kann aber schon seit dem erst drei ist Fahrrad fahren

Lina konnte zwar erst mit 18 Monaten laufen, aber schon mit eins vollständige Sätze reden

Die Bewertungen, die Wertungen und die Urteile, die daraus gezogen werden, begrüssen alles Eltern als erstes in ihrer neuen Rolle als Eltern. Eigentlich geht es ja schon in der Schwangerschaft los. Bereits vor ein paar Wochen hatte ich hier auf dem Blog von Urteilen und Teilen geschrieben. Wieso wir urteilen und wieso es auch verletzend sein kann, aber gar nicht immer so gemeint ist.

 

Schulfamilienwahnsinn

Kinder lieben es zu lernen, eigenständig und in ihrem Tempo. Jedes Kind wird seinen Weg machen – wenn wir sie lassen. Aber wieso immer „wenn“?

Hilft es Kindern Freiraum zu haben oder sollten sie lieber mehr an die Hand genommen werden? Seit ich nun zweifache Mutter bin, fällt mir auf, dass ich bei unserer Tochter, der kleinen Kaiserin, gar nicht mehr so viel Input gebe. Oder den Input anders gebe als bei Junior.

Und doch frage ich mich oft, ob sie dann alles so gut lernt, wie sie es könnte. Grad gestern nutzt sie wieder neue Wörter und ich merke, dass sich Kinder auch selbst entwickeln. Von anderen Kindern lernen predige ich ja schon seither, obwohl ich auch gerne meinen Senf dazu beitrage.

Bei uns wird also in zwei Jahren „der Ernst des Lebens“ losgehen und ich bin schon gespannt. Wenn es nach Junior geht, würde er schon dieses Jahr in die Schule kommen. Endlich mehr lernen, denn ich erzähle ihm oft (weil er danach fragt), was man in der Schule lernt. Von Zahlen, die Brücken bauen können, von Geschichten, die Nationen bewegen und von Planeten, die wir nicht mal abends am Himmel sehen können. In der Schule lernt man so viel – ich bin einfach selbst immer unheimlich gerne in die Schule gegangen. Auch Junior geht gerne in den Kindergarten – dort lernt er auch schon. Er lernt  das soziale Leben besser und eindrücklicher kennen. Lernt sich durchzusetzen und anderen zu helfen, lernt emotional einfach so viel und sicherlich genügend.

Doch auch bei ihm wird sicher der Tag kommen, an dem er merkt, dass Lernen keinen Spaß mehr macht – und ist das nicht doof. Muss dieser Tag wirklich kommen? Lernen ist doch so etwas Tolles, dass man wahrlich sein ganzes Leben daran Freude haben sollte.

 

Angst, Vorbilder und eigentlich ganz normaler Alltag

Das Leben besteht aus Emotionen. Emotional ist es von Anfang an und irgendwann kommt dieser Tag an dem man „professionell“ sein soll. Lernt man das ganz peu à peu in der Schule? Ist das die Angst, die viele dann als „Ernst des Lebens“ betiteln? Ist die Realität wirklich, dass man professionell sein muss?

Nein, man muss man selbst bleiben. Grad kürzlich haben mein Mann und ich mal wieder darüber geredet, was wir unseren Kindern als wichtigste Nachricht mitgeben wollen. Es sind sicher viele kleine Dinge, aber zwei Punkte sind für uns beide doch dominanter als die anderen:

Mach, was Dir Freude bereitet und Dir gefällt

und

Bleib Dir selbst treu – mach es für Dich, nicht die anderen

 

Ich glaube, dass es doch auch oft so ist, dass man durch die Pubertät viel verändert. Man selbst wird erwachsen, sieht seine eigenen Eltern in einem anderen Licht und wird auch von anderen Menschen anders wahr- und angenommen. Die Pubertät ist sicher nicht der Startpunkt, aber ein wichtiger Meilenstein, der nochmal viel prägt. Und spätestens dann merkt man, dass alles, was vorher passiert ist, meist lustiger war. Lockerer. Dann kommen die Zwanziger und man genießt es meist ungebunden zu sein und in den Dreißigern sucht man wieder nach seinem „wahren Ich“. Wieso? War die Schule an allem Schuld? Hat sie uns alle nicht richtig auf das Leben vorbereitet?

Nein, das ist es nicht, doch die Schule zeigt einem auch, was es für Möglichkeiten gibt. Man kann quasi alles machen. Klar, Du denkst, dass Du gut in Mathe bist, aber die Noten sagen was anderes. Die Noten sind doch nicht böse gemeint, sie sollen helfen, die richtige Richtung zu finden. Und wenn man alles ein wenig kapiert und mittelmäßig benotet wird und dann feststellt, dass man doch in Physik mit der eins benotet wurde, weil man schon als Kleinkind gerne Wasserspiele und Experimente gemacht hat, dann ist es nur genau so, wie es sein sollte.

Auch als Mädchen darf man sich nicht verschüchtern lassen, von Vorurteilen, Erwartungen und allem was noch auf einem zukommt, was andere Menschen gerne als „sozial“ bezeichnen.

Als Abschluss an diesen kleinen chaotischen End-Exkurs möchte ich gerne noch was inspirierendes und wahrlich Ehrliches teilen:

Es gibt da diese These, dass Frauen nicht genug in typisch männlichen Bereichen tätig sind. Passend zum Thema Schule: nicht in der Naturwissenschaft lehren zum Beispiel. Im Guardian gab es kürzlich einen Text über den Mangel an weiblichen Vorbildern in der Wissenschaft. Bei uns war das nicht so: in Berlin hatte ich zwei Lehrerinnen in Mathe, eine in Physik und zwei in Chemie. Doch generell ist das noch eine Ausnahme.

Die Physikerin Jess Wade, die am Imperial College London arbeitet, wollte wissen wieso das so ist. Daher hat sie im vergangenen Jahr 270 Wikipedia-Einträge über Frauen geschrieben, die in den Naturwissenschaften Beeindruckendes geleistet haben. „Ich hatte das Ziel, pro Tag einen Eintrag zu erstellen, aber manchmal bin ich so begeistert, dass ich drei verfasse“, sagt Wade.

 

Ein Text, der mich sehr berührt hat und auch immer noch bewegt – aufwühlt – ist sicher das richtige Wort.

Wie denkst Du darüber? Das Thema Schule und Druck?

 

Weitere spannende Themen rund um das Thema Mama, gibt es immer montags am:

#MOMMYMONDAY

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